Ein Feedback ist kein Feedback – Teil 2 meiner Gedanken zu Feedback

von Björn Hübner

Wie angekündigt möchte ich meine Gedanken zum Thema Feedback fortführen. Dabei starte ich ganz am Anfang und greife meinen ersten Blogbeitrag auf. Es geht zuallererst darum das „Wieso bzw. Wozu?“ zu erarbeiten und auch zu benennen. Dies ist aus meiner Sicht sehr zentral, da ich unabhängig vom Zweck des Feedbacks, immer eine Aussage über andere Menschen treffe. Und dies hat in den meisten aller Fälle eine Wirkung. Selbst wenn mir eine Person nicht wohl gesonnen ist, kann sie sich durch mein Statement über sie emotional bewegt erleben. Und wenn dann die Person noch nicht einmal weiß, wieso ich es mir quasi erlaube über sie zu sprechen, dann gerät die Beziehung (sofern sie konstruktiv und stabil ist) ins Risiko. Die möglichen Folgen bei einer destruktiven Beziehung, brauche ich wohl nicht zu skizzieren.

Und dabei sind wir aus meiner Sicht beim zweiten wichtigen Aspekt – der Beziehung. Wenn eine Beziehung nicht stabil ist (auch nur situativ), fehlt eine Grundlage für wirksame Kommunikation. Vielleicht hat die/der ein oder andere das auch schon einmal erlebt – man spricht mit einer Person und diese blickt einfach nur so durch einen durch. Völlig teilnahmslos und egal was gesagt wird, der Eindruck eines teflonbeschichteten Gegenübers, verfestigt sich.
Umgekehrt kann sich eine Beziehung auch erst über Kommunikation entwickeln und verfestigen. Natürlich gehören da auch passende Handlungen dazu – ganz im Sinne von „den Worten auch Taten“ folgen lassen.
Wichtig ist mir, dass Kommunikation hier als ein Schlüssel für die Tragfähigkeit der Beziehung verstanden wird. Denn daraus leitet sich meiner Meinung nach auch ab, wie ich in meiner Kommunikation agiere oder auch welche innere Haltung ich dabei zu der Beziehung bzw. meinem Gegenüber habe. Dies waren zumindest meine Learnings, als ich mit Kommunikation und Feedback das erste Mal professionell in Berührung kam.

Zu dieser Zeit absolvierte ich gerade mein zweites Pflichtpraktikum bei einem internationalen Konzern, in dessen Abteilung für Personalentwicklung. Hier hatte ich das große Glück, dass ich als interner Beobachter an einem Kommunikationstraining teilnehmen durfte.
Und auch wenn ich hier kurz abschweife, aber die Ausgestaltung damals war schon exzellent – und sollte jede Person aus PE/OE zum Nachdenken bringen: Es gab drei Senior Coaches, eine kleine TN-Anzahl von 10 Personen, mehrere BeobachterInnen (die Anzahl weiß ich leider nicht mehr), einen externen Ort mit kurzen Weg direkt an den Ostseestrand, 4-tägige Veranstaltung, die eindeutige Aufforderung sich auszuprobieren und neue Erfahrungen mit seiner Kommunikation zu erleben und regelmäßiges Feedback zum wahrgenommenen, gezeigten Verhalten!
Hier erlebte ich zum ersten Mal Feedback und seine Wirkung. Jeden Abend kamen Beobachter und Coaches zusammen und arbeiteten heraus, was genau im Feedbackgespräch durch die Coaches angebracht werden sollte. Und am dritten Abend entschieden die Coaches, dass ich einer Person Feedback geben solle. Durch die vorherigen Abende hatte ich eine Menge Respekt vor dieser Aufgabe und nahm die Rolle unter der Bedingung an, dass ein Coach mit zugegen war. Und dann kam der Moment, wo ich einem anderen Menschen über die Darstellung unserer Beobachtungen und dessen Wirkung erzählte und dabei erleben konnte, wie Menschen durch so etwas berührt werden. Und nicht nur das – gleich am nächsten Tag war erkennbar, dass das Feedback aufgenommen und weiter zum Tragen kam. Dieser Moment schenkte mir viele Einsichten und Erkenntnisse, die mich bis heute begleiten. Und auf diese möchte ich im Folgenden eingehen.

Die für mich stärkste Erkenntnis war, dass (be-)wertungsfreie Beschreibungen rein auf der Verhaltensebene und die damit in mir ausgelösten Gedanken, Gefühle, etc. eine immens hohe Wirkung haben. Und vor allem eine höhere Wirkung haben, als wenn ich direkt ein neues Verhalten o.ä. als Ergebnis meiner Beobachtung mitgeteilt hätte. Denn auf einmal begann die andere Person sich quasi selbst zu entwickeln. Und dies in ihrem Tempo und in ihrem eigenen, für sie passenden Stil! Feedback kann somit unterbestimmten Bedingungen das stärkste Entwicklungsinstrument sein, welches ich kenne. Hierdurch entstand dann auch mein häufig getätigter Ausspruch „Ein Feedback, ist kein Feedback!“. Natürlich ist es eine riesige Unterstützung der Entwicklung einer Person, ihr nach wirksamen Erstfeedback, weiteres Feedback zu geben. Zugleich setze ich damit einen selbstorganisierten Entwicklungsprozess in Gang – wie cool ist das!

Eine weitere Erkenntnis war, dass auch Kommunikation mit Bewertung seine volle Berechtigung hat. Ein Lob oder eine Kritik sowie eine klare Handlungsanweisung sind völlig legitim. Nur sollten diese dann eben nicht mit dem Begriff Feedback versehen werden, um die Eindeutigkeit nicht zu verwässern. Übrigens finde ich, gebührt es dem Respekt vorm Menschen, auch bewertende Kommunikation auf die Sache zu fokussieren und den Menschen an sich außen vor zu lassen. Aber dies nur am Rande.

Nun sind wir aber seit spätestens den Schultagen daran gewöhnt, bewertet zu werden. Und nicht nur das, die Bewertungen fließen auch noch in einen Vergleich mit anderen mit ein. Dass es Menschen gibt, die sich diesen Prozess irgendwann entziehen möchten oder sogar Angst davor haben, finde ich nur mehr als verständlich. Dies bedeutet bei der Einführung von Feedback z.B., dass ich mir viele Gedanken um die Arbeit an meinem System machen muss. Wie wird bislang bewertet oder gemessen? Geht es nur um Ergebnisse oder auch um die Gestaltung des Weges dahin? Diese und noch viele mehr könnten hilfreiche Fragen sein, die man sich stellen könnte, um generell förderliche Umfeldbedingungen vor der Einführung von Feedback zu schaffen.

Ich möchte dem eben geschriebene eine Utopie an die Seite stellen. Den Begriff Utopie wähle ich, da ich diesen Umgang mit Feedback in der Realität noch nicht so erlebt habe (wer dies getan hat, möge sich bitte bei mir melden). Stellen wir uns einfach vor, in einer Organisation wäre der Sinn und Nutzen von Feedback erkannt worden. Es hilft der einzelnen Person, Potenziale zu erkennen und an diesen dann zu arbeiten. Die Offenheit Feedback zu suchen, entsteht aus der Angstfreiheit, da das Feedback keine Bewertung enthält, sondern „bloß“ die Beschreibung von Erlebtem von anderen Personen. Und wenn jetzt noch ein Geist vorherrscht, dass die Einzelnen Lust auf persönliche Entwicklung haben, passiert etwas Wunderbares – die Menschen in dieser Organisation suchen sich gezielt ihre Feedbackgeber aus. Und zwar nicht in der Hoffnung auf „fishing for compliments“ sondern auf Wahrnehmungen, welche ihnen helfen und sie weiterbringen. Und schon hätte man eine Kultur geschaffen, welche den Prozess eines gesteuerten 360-Grad-Feedbacks nicht nur ablöst, sondern hochgradig wirksam ersetzt.

Wenn ich mir die Realisierung dieser Utopie für viele mir bekannte Organisationen so vorstelle, dann bekomme ich ein zufriedenes Lächeln ins Gesicht

Doch dies sind nur meine GedankenÜber… Bei Gefallen würde ich mich über ein „Like“ freuen

Welcher Erfahrungen habt ihr gemacht?

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