Scheitern bei Veränderungen – Bemerkenswertes am Beispiel von „einfach mal machen“

von Björn Hübner

„Lieber holprig gestartet als elegant gewartet“ oder „Machen ist wie Wollen, nur krasser“ waren die Slogans, die ich während meiner ersten Camps für New Work oder Agilität kennengelernt habe. Es herrschte wirklich Aufbruchstimmung, fast schon revolutionär – alles Gewesene war unglaublich altmodisch, sperrig und wahnsinnig langsam.

Genauso verhielt es sich mit dem Ausspruch „Einfach mal machen“. Er steht im Gegensatz zum planerischen Ansatz oder langatmiger Abstimmungsprozesse. Jeder Versuch eines koordinierten Vorgehens oder Bearbeitens stand damals dann sofort unter dem Generalverdacht des verstaubten oder veralteten Denkens und Handelns.

Gerade Organisationen, die stark hierarchisch aufgestellt waren oder eine ausgeprägte Abstimmungskultur, standen zu dieser Zeit in der Kritik, wurden als Dinosaurier betitelt und waren dem Untergang geweiht. Die Reaktion seitens des (Top-)Managements bestand oft in rigorosen Versuchen Wege der stärkeren Beteiligung von oben „anzuordnen“ bzw. stark zu postulieren, im Sinne von „Wir müssen agiler werden!“ Leider führte dies meiner Ansicht nach im Ergebnis oft zu mehr Schaden als Nutzen. Wieder einmal durfte ich damals (leider) miterleben, wie wenig reflektiert Dinge einfach so übernommen wurden.

Was hätte hier durch ein wenig (Selbst-)Reflektion verhindert werden können? Was ist bei flexiblem und/oder iterativen Vorgehen für die „einfach mal machen“ eine wirksame Strategie ist, zu beachten? Dies möchte ich im Folgenden aufgreifen und „Bemerkenswertes“ teilen.

Mitarbeitende die plötzlich „einfach mal machen“ sollten, passierte es häufig, dass sich diese von ihren Führungskräften allein gelassen erlebten. Sie hatten z.B. zu wenig Grundlage in Form von Richtung oder Information was eigentlich getan werden sollte. Das Ergebnis war dann entweder Starre oder operative Hektik ohne Resultat. Und hierbei leitete ich für mich als erste bemerkenswerte Beobachtung ab: Auch „einfach mal machen“ ist nicht führungslos möglich sondern sollte koordiniert und systematisch erfolgen – zumindest am Anfang. Ansonsten entsteht schnell der Eindruck, dass Dinge sprichwörtlich „über den Zaun“ geworfen werden.

Wieso scheiterte „einfach mal machen“ weiterhin? Führung muss für einen solchen Wechsel einfach den Rahmen und die Voraussetzungen schaffen – wie so oft. Und dies bedeutet auch, dass die Führungskräfte zuerst das neue, unsichere, ungewohnte Terrain betreten müssen. Sie sind eingeladen – eigentlich auch schon aufgrund der Rolle prädestiniert es vorzuleben – es selbst auszuprobieren und erste Erfahrungen zu sammeln. Denn wie sonst könnten sie Anforderungen oder Auswirkungen realistisch einschätzen? Und natürlich gehört dazu, dass es Fehler und Scheitern gibt – wie sollte es anders sein? Dafür darf man natürlich kein zu großes Ego haben und den Gesichtsverlust befürchten. Die für mich logische Reihenfolge des Vorgehens wäre: Probieren, Lernen, Verstehen und dann den Rahmen setzen. Im Gegensatz dazu gab es in der Vergangenheit eben oft nur die „Ansage“ bzw. wiederkehrende Absichtserklärungen seitens der Führung. Daher lautet meine zweite, abgeleitete bemerkenswerte Beobachtung: Durch „einfach mal ansagen“ wird eben kein „einfach mal machen“!  

Ein weit verbreitetes Risiko bei der Einführung von neuen Vorgehensweisen ist, dass man es generalisierend anwendet bzw. ab dem Moment sprichwörtlich alles über einen Kamm geschoren wird. Schon Abraham Maslow hat sinngemäß gesagt: „Wenn das einzige Werkzeug, was man hat, ein Hammer ist, dann behandelt man alles als Nagel“* Was bedeutete dies in der von mir erlebten Praxis – es wurde völlig unabhängig vom Thema oder der Aufgabe einfach drauflos gearbeitet. Plötzlich war alles „Agil“ oder „New Work“. Es wurde völlig außer Acht gelassen, dass sich „einfach mal machen“ eben für komplexe, systemische Aufgabenstellungen, denen man am wirksamsten iterativ begegnet besonders gut eignet. Komplizierte Thematiken wurden aber auf einmal genauso angegangen, was sich natürlich dann als eher unwirksam herausstellte. Ich denke es ist leicht nachvollziehbar, welche Vertrauens- und Akzeptanzverluste hierdurch bei den Mitarbeitenden entstanden.

Nun kann man sagen, dass dies die natürlichen Anfangsfehler sind – und damit bin ich noch einverstanden. Aber ab einem bestimmten Punkt muss ich doch einmal verstehen, dass mein Handeln nicht mehr „Unsinn“ ist, sondern „Schwachsinn“. Unter „Schwachsinn“ verstehe ich, dass Dinge getan werden, ohne sie wirklich verstanden zu haben und dies trotz sichtbarer, negativer Ergebnisse immer weiter fortgeführt wird. Für mich ist es zentral, Dingen auf den Grund zu gehen, sie von dem Ursprung her zu verstehen und sie dann entsprechend anzuwenden oder einzusetzen. Dann ergibt dies für mich Sinn. Und natürlich kann man irren, dann ist es gerade „Unsinn“ – immer verbunden mit der Hoffnung auf (Selbst-)Erkenntnis, es zu korrigieren. Anstelle dessen wird wie oben gerade beschrieben einfach unüberlegt, einem modischen Trend folgend, unreflektiert agiert.

Ein kleiner Exkurs noch dazu: Im schlimmsten Falle auch noch unter Beteiligung oder Anleitung von externen Unternehmensberatungen. Leider musste ich zu oft erleben, dass diese Branche, fast schon gewissenlos, Organisationen Methoden oder ähnliches einfach „verordnet“ – völlig unabhängig von dem existierenden Reifegrad. Besonders bestürzt war ich dann immer noch obendrein, wenn das Topmanagement einfach widerspruchslos dem Ganzen folgt.

Aus dem eben Geschilderten leitet sich dann auch meine letzte bemerkenswerte Beobachtung ab: Immer wieder herausarbeiten, worum es wirklich geht bzw. den Sinn oder die Idee von etwas wirklich begreifen wollen. Dies bildet die Grundlage etwas Neues dauerhaft in der Organisation zu verankern.

„Einfach mal machen“ kann, wenn es eine bewusste Entscheidung ist, die Lern- und Wandlungsfähigkeit einer Organisation unwahrscheinlich helfen. Ich durfte dies selbst schon erleben und hatte das Glück zu diesem Zeitpunkt ein reflektiertes Management zu haben, welches einen wirksamen Rahmen dafür geschaffen hatte. Leider musste ich auch das Gegenteil erleben. Daraus haben sich dann meine drei bemerkenswerten Beobachtungen ergeben – ich hoffe sie können ein Beitrag sein, um „einfach mal machen!“ mit Freude und Wirksamkeit in der Praxis zu erleben.

Doch dies sind nur meine GedankenÜber… Bei Gefallen würde ich mich über einen „Like“ freuen.
Welcher Erfahrungen habt ihr gemacht? – gerne tausche ich mich auch persönlich aus

*Abraham H. Maslow: The Psychology of Science: A Reconnaissance, 1966

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